Standpunkt Swissbau 2024

Gut dokumentiert ist halb gewonnen

Baudokumentation. Ist der Schreiner an einem Bauprojekt beteiligt, dann ist es ratsam, Probleme und Verzögerungen in der Baudokumentation der Bauleitung festhalten zu lassen. Gleichzeitig empfiehlt es sich, eigene Kurzrapporte zu führen, um im Zweifelsfall gerüstet zu sein.

Der gebürstete und geölte Eichenparkett ist frisch verlegt und sauber abgedeckt – bis auf die drei Zentimeter am Rand, die nötig sind, damit der Schreiner die Sockelleisten montieren kann. Alles so, wie es sein soll, um nachfolgende Schäden zu vermeiden – sollte man meinen. Nicht so, wenn der Bauleiter den Maler darauf aufmerksam macht, dass die Türzargen nicht sauber gespritzt sind, und dieser den Mangel nachbessert, ohne das Parkett seinerseits sauber abzudecken. Ein Fall, den Hans Stoller, Architekt und Jurist, so miterlebt hat. Das Ende des Liedes: Das gesamte Parkett wurde herausgerissen und neu verlegt. «Hier war zumindest klar, wer den Schaden zu tragen hat», sagt Stoller.

Wesentliche Informationen festhalten

Zur Beweissicherung gegenüber der Bauherrschaft kann eine Baudokumentation dienen. Diese wird in der Regel von Architekten und Bauleitern geführt und umfasst sämtliche Entwicklungen, Fehler, Verzögerungen sowie Besprechungs- und Zwischenabnahmeprotokolle. Immer häufiger wird dabei das Klemmbrett durch ein Tablet oder Smartphone ersetzt und die Dokumentation digital geführt. Mit einer Baustellen-App erfasst, werden die Daten automatisch mit der Baudokumentationssoftware synchronisiert und sind jederzeit abrufbar. Ausserdem können die Arbeitsschritte mit Notizen, Bildern oder Sprachaufnahmen dokumentiert und sofort digital an die Beteiligten übermittelt werden. Mit der Baudokumentation können die Arbeitsprozesse auf der Baustelle im Blick behalten und optimiert werden.

Für den Schreiner stellt sich die Frage, wie viel administrativen Aufwand er seinerseits während der Umbauarbeiten investieren soll, sofern er nicht als Bauleiter auftritt. Stoller empfiehlt, einen Tagesrapport zu führen und darin wesentliche Informationen festzuhalten. Insbesondere solche, die in der Folge zu Diskussionen führen könnten. Als Beispiel führt er die Montage eines Fensters an: «Ich empfehle, dem Monteur kurz ein Bild des korrekt montierten Fensters zu machen, bevor die Anschlüsse verputzt werden und nichts mehr zu sehen ist.» Klar ist, dass die Dokumentation des Schreiners auf das Wesentliche beschränkt werden muss, um nicht zum unnötigen Zeitfresser zu werden. Es gilt, die Balance zu finden zwischen sinnvollem und unnötigem Aufwand, zumal jeder Fall anders liegt und nie alle Eventualitäten abgesichert werden können.

Kontrolle im Vorfeld

Die Balance gilt es auch im Vorfeld zu den Umbauarbeiten zu finden, die Vorgaben gründlich zu lesen und einen Konsens zu finden. Die gesetzlichen Grundlagen für einen Werkvertrag sind im OR 363 bis OR 379 geregelt. Es handelt sich dabei weitgehend um dispositive Bestimmungen, welche von den beiden Vertragsparteien abgeändert oder ergänzt werden können. In aller Regel sind ausserdem die Bestimmungen der SIA-Norm 118 Bestandteil des Werkvertrages. «Die SIA-Norm 118 hat 190 Artikel, welche die Bestimmungen des OR dort ergänzen, wo das Gesetz keine sehr bauspezifischen Regelungen enthält», erklärt Stoller.

Vertrag ist Vertrag

Genau geprüft werden sollte vor der Unterzeichnung des Vertrages auch das «Kleingedruckte», denn in den allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) können sich Fallgruben verstecken. Diese kann der Schreiner im Vorfeld zu eliminieren versuchen, indem er sie im Vertrag durchstreicht und die Änderung mit Datum und Unterschrift eindeutig festhält. Doch auch die Durchsicht jedes einzelnen Details eines Vertrages braucht viel Zeit, und nicht immer ist der Schreiner in der Position der Stärke und kann es sich leisten, allzu viele Forderungen zu stellen. «Wie viel im Voraus festgehalten und kontrolliert werden muss, ist oft auch eine Vertrauensfrage», sagt Simon Schneider, Bereichsleiter Technik & Betriebswirtschaft beim VSSM. Rechtswidrig sind AGB dann, wenn sie im Widerspruch stehen zu zwingendem Recht. Ansonsten gilt im Härtefall: «Vertrag ist Vertrag», wie es Schneider ausdrückt. In Zusammenarbeit mit dem Branchenverband Küche Schweiz hat der VSSM AGB ausgearbeitet, die je nach Auftragsart beigelegt werden können oder sich auch als Vorlage für Anpassungen von Werkvertragsvereinbarungen eignen (Box, Seite 16).

Abmahnen schützt nicht in jedem Fall

Die Vorbereitungen auf einen Bau oder Umbau können noch so gut sein, doch wo gearbeitet wird, kommt es auch zu Fehlern, insbesondere dann, wenn der Zeitdruck besonders hoch ist. Wichtig ist, dass Probleme, Mehraufwände und Verzögerungen sofort gemeldet werden. «Riskiert der Schreiner Folgefehler aufgrund unsachgemässer Arbeit anderer Handwerker, so muss er dies umgehend bei der Bauleitung melden», sagt Hans Stoller. «Wenn er die Arbeit trotz der fehlerhaften Ausgangslage ausführt, ist er selber schuld.» Damit leitet er zu einem wichtigen Thema über, der Abmahnung. Diese ist angezeigt, wenn der Schreiner eine Arbeit ausführen soll, die «im Widerspruch zu den bekannten Regeln der Baukunst steht». Dabei gilt: Wenn die Abmahnung auf einem Verstoss gegen die Sicherheitsrichtlinien basiert, so beispielsweise ein Treppengeländer, welches die Mindesthöhe unterschreitet, oder eine Verglasung, die nicht den Belastungsvorschriften entspricht, so muss der Schreiner abmahnen und darf die Arbeit nicht ausführen.

Stoller mahnt aber auch bei Abmahnungen, die kein Sicherheitsrisiko als Grundlage haben: «Abmahnen schützt den Schreiner nur vor Konsequenzen, wenn ein Risiko für einen Schaden besteht, nicht wenn der Schaden so gut wie sicher eintreten wird.» Eine Ausnahme gilt dann, wenn der Bauherr weiss, dass der Schaden eintreten wird, und ausdrücklich und in schriftlicher Form darauf besteht, dass die Arbeit trotzdem ausgeführt wird. Stoller erinnert sich an einen konkreten Fall eines öffentlichen Gebäudes, bei welchem der Schreiner abgemahnt hatte, da er aufgrund des engen Zeitplans Parkett auf einen nassen Estrich verlegen sollte. «Im Bewusstsein, dass das Rausreis-sen des Parketts weniger teuer war als die Absage der geplanten Einweihungsfeier, hat der Bauherr darauf bestanden, dass der Auftrag ausgeführt wird», erinnert sich Stoller. In diesem Fall habe der Schreiner von einem zweiten Auftrag profitiert.

Eine Abmahnung muss grundsätzlich folgende drei Elemente enthalten: eine klare Beschreibung des mangelhaften Zustands, die zu erwartenden Folgen und die Wegbedingung der Haftung, falls doch ausgeführt werden soll. Grundsätzlich ist eine Abmahnung mündlich gültig. Stoller rät aber dringend, diese schriftlich zu verfassen und sie eingeschrieben zu versenden. Wichtig: Für die zeitliche Verzögerung, die durch eine Abmahnung auftreten kann, ist der Unternehmer nicht haftbar.

Schaden anteilmässig tragen

Nicht immer ist die Sachlage bei Schäden klar. Gerade solche, die nach der Fertigstellung eines Werkes entstehen, sind oft nicht klar einem Verursacher zuzuordnen. Doch wer haftet für solche Schäden? Eine Frage, die nicht ganz eindeutig zu beantworten ist. Im Artikel 31 der SIA-Norm 118 steht, dass «die zur Zeit des Schadensereignisses am Bau tätigen Unternehmer den Schaden im Verhältnis der Rechnungsbeträge ihrer Arbeiten anteilmässig zu tragen haben». Eine Regelung, die laut Stoller nicht im Gesetz steht, in der Praxis jedoch von den meisten Haftpflichtversicherungen der Unternehmer aber akzeptiert wird. Laut Absatz 2 des SIA-Artikels steht in einem solchen Fall «jedem Unternehmer der Beweis offen, dass er und seine Hilfspersonen den Schaden nicht verursacht haben».

Wertvolle Zwischenabnahme

Genau für solche Fälle ist es, laut Simon Schneider, ausgesprochen wichtig, schriftlich festzuhalten, dass das Werk zum Zeitpunkt seiner Vollendung keine Mängel aufgewiesen hat. «Ich empfehle dem Schreiner deshalb dringend zu einer Zwischenabnahme, sobald das Parkett verlegt, die Küche montiert oder die Fenster eingebaut sind», sagt er. Oft wird dies in der Hektik vernachlässigt. «Der verhältnismässig geringe Zeitaufwand für eine Zwischenabnahme lohnt sich auf jeden Fall», sagt Schneider. Dieser Meinung ist auch Hans Stoller, hält aber fest, dass eine solche Abnahme rein rechtlich gesehen «keine grosse Konsequenz» hat. «Das Gesetz kennt den Unterschied von Zwischenabnahme und Abnahme nicht», erklärt er. Das heisst, dass der Vertrag seitens des Unternehmers mit einer Zwischenabnahme noch nicht erfüllt ist. «Sie ist für den Schreiner trotzdem wichtig. Damit kann er beweisen, dass sein Werk zu einem gewissen Zeitpunkt keine Mängel aufwies», sagt der Experte für Baurecht und Baumanagement. Komme es später zu einer Beschädigung durch Dritte, hafte er im Zweifelsfall, gemäss erwähntem Artikel 31 der SIA-Norm, höchstens anteilmässig.

Simon Schneider sieht in der Zwischenabnahme einen Vorteil insbesondere darin, dass ein schriftlicher Nachweis besteht, der gegenüber Architekten, Bauleitern und Bauherren die Fehlerfreiheit dokumentiert und den Zeitaufwand für die nachträgliche Beweispflicht des Schreiners minimiert.

Garantiefristen und Mängelrügen

Nach Abschluss des Werkes erfolgt die Bauabnahme, womit die Haftung auf die Bauherrschaft übergeht und die Rüge- oder Garantiefrist zu laufen beginnt. Hier besteht ein wesentlicher Unterschied zwischen dem OR und der SIA-Norm 118. Nach Gesetz müssen offene Mängel sofort beziehungsweise innert einer Frist von wenigen Tagen gerügt werden. Aktuell befindet sich ein Vorstoss für eine Verlängerung auf 60 Tage in der Vernehmlassung. Diese Regelung wäre dispositiv, sodass die Parteien vertraglich davon abweichen könnten.

Nach SIA-Norm gilt eine Rügefrist von 2 Jahren für offene und 5 Jahren für verdeckte Mängel. Nach OR müssen auch verdeckte Mängel innerhalb von 3 bis 5 Tagen nach deren Feststellung gerügt werden. Die Verjährungsfrist beträgt jedoch auch hier 5 Jahre. Während der Bauherr laut OR den Beweis antreten muss, dass ein Werk von einer vereinbarten Eigenschaft abweicht, gilt in der SIA-Norm die Umkehr der Beweislast. Das heisst, dass der Unternehmer die vertragskonforme und mängelfreie Ausführung seines Werkes beweisen muss – ein gewichtiger Grund, um die wesentlichen Arbeitsschritte zu dokumentieren. Gemäss SIA-Norm steht dem Unternehmer aber in jedem Fall ein Nachbesserungsrecht zu, während der Besteller nach Gesetz wählen kann zwischen Wandelung, Minderung und Nachbesserung.

Eine Wandelung, welche einer Auflösung des Werkvertrages entspricht, und eine Minderung des Werklohnes werden gemäss SIA-Norm hingegen erst dann zur Option, wenn der Unternehmer den Werkmangel nicht fristgerecht behebt.

Für den Schreiner gilt es also nicht nur, qualitativ hochstehende Arbeit zu liefern, sondern dies im Zweifelsfall auch belegen zu können.

Monika Hurni

Allgemeine Geschäftsbedingungen

Empfehlungen für Mitglieder

In Zusammenarbeit mit Küche Schweiz hat der VSSM die Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) vereinfacht, vereinheitlicht und aktualisiert. Die Verbands-AGB stehen den Mitgliedern der beiden Verbände auf den jeweiligen Websites kostenlos zur Verfügung. Dies wahlweise in Form eines schreibgeschützten PDFs mit VSSM-Logo oder als individuell anpassbare Word-Vorlage für die Mitgliedsbetriebe. Die AGB können je nach Auftragsart bei- gelegt werden und eignen sich auch als Vorlage für Anpassungen von Werk- vertragsvereinbarungen. Vereinfacht wird der Einsatz der AGB durch eine Wegleitung, die ebenfalls im Mitgliederbereich zu finden ist.

www.vssm.chwww.küche-schweiz.ch